Inhalt der
9. Einheit

Hilft es, wenn wir beim Sterben helfen?
Vom Ringen um das Leben, die Sterbebegleitung und das Sterben auf Verlangen (Assistierter Suizid)

Assistierter Suizid, auch Beihilfe zur Selbsttötung genannt, ist derzeit ein gesellschaftlich viel diskutiertes Thema. Im Februar 2020 urteilte der Bundesgerichtshof, dass das bis dahin geltende Gesetz zum assistierten Suizid in §217 StGB sofort außer Kraft gestellt sei und eine Neuregelung gefunden werden müsse. In Artikel 2(1) des Grundgesetzes ist jedem die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit zugesichert, sofern er nicht die Rechte anderer verletzt. Kann daraus nicht nur ein Recht auf Suizid, sondern auch auf assistierten Suizid abgeleitet werden? Ist das Selbstbestimmungsrecht die einzige Orientierungsmarke oder gibt es weitere Aspekte, die eine ebenso gewichtige Rolle in der inhaltlichen Auseinandersetzung mit diesem Thema spielen können? Diesen Fragen stellt sich diese Kurseinheit.

Der Schauspieler und Autor Samuel Koch spricht in einem Film-Clip über das Thema „Assistierter Suizid“ aus ganz persönlicher Sicht. Er liest Passagen aus seinem Buch „Rolle vowärts – Das Leben geht weiter, als man denkt“ in denen er über den Umgang mit dem Thema in den Niederlanden spricht und welche Fragen dies bei ihm auslöst. Was würde es bedeuten, wenn man die nicht so leistungsfähigen Menschen aussortiert, teilweise auch schon vor der Geburt. Die Frage trifft ihn im Blick auf seine persönliche Situation ganz persönlich.

In einer Filmaufnahme eines Gespräches zwischen dem früheren Präses der Evangelischen Kirche in Deutschland, Nikolaus Schneider, und seiner Frau Anne wird deutlich, wie wichtig es ist, Menschen an der Seite zu haben, die einen begleiten. Bei dem Thema „Assistierter Suizid“ haben beide auch unterschiedliche Sichtweisen über die sie offen disputieren. Sie geben in dem Gespräch jeweils auch sehr persönliche Antworten zu der Frage, ob sie einen Schlüssel für die Vorbereitung des eigenen Abschieds haben.

In diesem Kurs geht es um:

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Das Engagement der Stiftung für die Würde und den Schutz des Lebens wird durch Spenden finanziert.

Gewünscht ist, den Teilnehmenden an dem Kurs zu vermitteln, dass jede Spende für die gemeinnützige Arbeit der Stiftung hilft, mehr Menschen für Grenzfragen des Lebens sensibel und sprachfähig zu machen.

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PROVITA Stiftung
April 2020

Dr. Detlev Katzwinkel
Dr. Heike Fischer
Prof. Dr. Friedhelm Loh

Assistierter Suizid

Assistierter Suizid oder auch Beihilfe zum Sterben ist ein sehr persönliches, aber auch ein gesellschaftlich relevantes Thema. Die Frage, ob man mit Hilfe anderer sein Leben selbstbestimmt beenden können sollte, bewegt die Menschen seit vielen Jahrzehnten. Sie wird offensichtlich besonders dringend und drängend, wenn unheilbare Krankheiten verbunden mit unerträglichen Schmerzen den Wunsch verstärken, den Tod nicht einfach abwarten zu müssen, sondern den Zeitpunkt selbst bestimmen zu können. In diesen Fällen erfordert die Krankheitssituation in der Regel zumeist die Mithilfe von Ärzten, die ein bestimmtes Medikament verschreiben und verabreichen sollen. Ob und wie ein solch selbstbestimmtes Sterben mit Hilfe anderer Personen möglich ist, wird weltweit sehr unterschiedlich eingeschätzt und gesetzlich geregelt. Bekannt wurde die relativ freizügige Handhabung dieser Beihilfe in den Niederlanden und vor allem in der Schweiz. Beide Länder haben die Hilfe zum Suizid bereits vor Jahren weitgehend erlaubt. Dort haben sich auf der veränderten gesetzlichen Grundlage in der Zwischenzeit Vereinigungen gebildet, die denjenigen, die den Wunsch nach einem selbstbestimmten Sterben haben, aktiv zur Umsetzung ihres Verlangens zur Verfügung stehen.

Deutschland ist in dieser Frage einen anderen Weg gegangen. In Deutschland wurde 2015 die Palliativ- und Hospizversorgung als Regelfall gesetzlich verankert und die geschäftsmäßige Förderung des assistierten Suizids in §217 StGB unter Strafe gestellt. Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofes im Februar 2020 muss das Thema „assistierter Suizid“ neu diskutiert und gesetzlich formuliert werden. Der Bundesgerichtshof hat den bis dahin gültigen §217 zum assistierten Suizid mit sofortiger Wirkung außer Kraft gesetzt. Inzwischen sind mehrere Gesetzesinitiativen zur Neuregelung des assistierten Suizids entstanden, aber die Diskussion darüber wurde vor der Bundestagswahl nicht mehr geführt. Die neue Bundesregierung wird das Thema „assistierter Suizid“ als voranging behandeln müssen, denn es gibt, vielleicht auch durch die Diskussion an sich, zunehmend Menschen, die sich mit dem assistierten Suizid auseinandersetzen. Und so warten sowohl Betroffene, als auch Pflegeheime und medizinisches Personal auf die neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen zum assistierten Suizid.

Bei dem Thema „Selbstbestimmt Sterben“ geht es meist um ein „Entweder – Oder“. Das bedeutet: Entweder man geht davon aus, dass es jedem Menschen erlaubt sein muss, den Zeitpunkt seines Sterbens mit Hilfe anderer Personen selbst zu bestimmen, oder man lehnt dieses strikt ab.

Bei allen Überlegungen besitzt das Recht auf Selbstbestimmung auch in Bezug auf den assistierten Suizid einen hohen Stellenwert. Dieses Recht ist dabei auch ein wichtiges medizinethisches Prinzip. Die Autonomie des Menschen ist zu achten und wirkt sich auch auf die gesetzlichen Entscheidungen zum assistierten Suizid aus. Weil hier jedoch in vielen Fällen die Assistenz eines Arztes oder einer Ärztin gewünscht ist, werden der assistierte Suizid und der Umgang damit auch innerhalb der Ärzteschaft diskutiert. Ärzte weisen an dieser Stelle darauf hin, dass sie, sollten sie für den assistierten Suizid herangezogen werden (denn Ärzte werden in der Regel gebraucht, da sie die benötigten Medikamente verschreiben müssen bzw. da sie die Patienten bis zum Schluss begleiten und die Medikamente verabreichen müssen), in unlösbare Dilemmata hineingeraten.10 Auf der einen Seite fühlen sie sich berufen, alles zu tun, um den Patienten zu heilen und zu retten und auf der anderen Seite sollen sie nun dafür sorgen, dass der / die Kranke aus dem Leben scheiden kann.

Betroffene, die über ihr Sterben und den Tod nachdenken, befassen sich eben auch mit der Frage nach dem assistierten Suizid. Kann er ein Ausweg sein aus unerträglichen Leiden und Schmerzen? Ist der assistierte Suizid ethisch und moralisch vertretbar für einen glaubenden Menschen? Wie werden Angehörige auf den Wunsch nach einem assistierten Suizid reagieren? Das alles sind Fragen zum assistierten Suizid, die eine Antwort suchen.

Kranke befinden sich in einer emotionalen Ausnahmesituation, wenn sie auf Hilfe angewiesen sind und an ihrem Zustand und den Schmerzen leiden. Dann suchen sie nach dem Ende dieser Situation oder nach einem Ausweg, der u.U. im assistierten Suizid gesehen wird. Bei der persönlichen Entscheidung, ob der assistierte Suizid eine Möglichkeit darstellt, spielt Angst häufig eine Rolle. Angst, vor nicht endenden Schmerzen, Angst, nicht mehr selbständig über sich entscheiden zu können, Angst, anderen dauerhaft „zur Last zu fallen“. Da scheint der assistierte Suizid die Erlösung von allen Ängsten zu sein. Befürworter des assistierten Suizids sehen darin die Erlösung von den so qualvollen Leiden. Aber wie viel Selbstbestimmung steckt in der Entscheidung für einen assistierten Suizid in der Gemengelage zwischen Schmerzen, Ängsten, Hilflosigkeit, Ratlosigkeit und wohlmeinenden Ratschlägen Außenstehender, die oft als Gesunde über die Befindlichkeit Kranker mitfühlend, aber dennoch, urteilen?

Wenn aber nun die Angst vor unerträglichen Schmerzen der wesentliche Auslöser dafür ist, den Wunsch zu haben, aus dem Leben zu scheiden, so ist zu fragen: Was geschieht, wenn diese Angst durch ärztliche Kunst weitgehend genommen werden kann?

Alternativ zum assistierten Suizid können Betroffene und ihre Angehörigen auch über eine Palliativversorgung nachdenken, die inzwischen in der Ausbildung von Ärzten und Ärztinnen verankert ist und die sich so weiter entwickelt hat, so dass fast jede schmerzvolle Situation gelindert werden kann. Zudem lösen Zuwendung, kontinuierliche Begleitung und Betreuung vielfach den Wunsch nach Ausscheiden aus dem Leben auf.

Sven Gottschling, der als Chefarzt am Zentrum für Palliativmedizin und Kinderschmerztherapie des Uniklinikums des Saarlandes arbeitet, weist auf eine Studie hin, die im Jahre 2015 durchgeführt wurde und die die Frage untersucht: „Wie verhält sich der Sterbewunsch bei den Patienten, die zu Hause palliativmedizinisch betreut wurden?“ Die Studie erbrachte das Ergebnis, dass dort, wo die Patienten optimal versorgt wurden, der Wunsch nach Lebensverkürzung bei fast allen Patienten verschwunden ist.

In der vorliegenden Einheit werden die Pro- und Contra-Argumente zum assistierten Suizid differenziert und ausführlich dargestellt, um Orientierung für eine fundierte Haltung dazu finden zu können.

Ähnlich wie man es von Glaubenskursen, z. B. dem Alpha-Kurs, kennt, ist mit diesem Kurs von der RPOVITA Stiftung ein modularer Baukasten entwickelt worden, welcher in vielfältigen Bezügen eingesetzt werden kann, z.B. über einen bestimmten Zeitraum in Abendkursen oder als einzelne Themeneinheiten in kleinen Gesprächsgruppen, in denen das Thema „assistierter Suizid“ bzw. „Beihilfe zum Sterben“ thematisiert werden kann.

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